Die SPD und das Leistungsschutzrecht im Bundesrat

Heute dachte ich kurz, ich müsste durchdrehen, als bekannt wurde, dass ausgerechnet die NRW SPD sich nicht daran beteiligen wird, im Bundesrat gegen das Leistungsschutzrecht (LSR) den Vermittlungsausschuss anzurufen. Mein eigener Landesverband, welche Schande! Schon schießen die Vermutungen ins Kraut, NRW mit seinen vielen Presseverlagen! und die Bundestagswahl direkt vor der Nase!, das schreit nach „die SPD hat Angst vor schlechter Presse“ und „alles Lobbyisten-Shice auch bei der NRW SPD“.

Um das ganz klar zu sagen: Ich persönlich würde auch den Vermittlungsausschuss anrufen und über alle mir zur Verfügung stehenden Kanäle dieses Shice-Gesetz torpedieren. Ich würde das tun und ich täte das mit guten Gründen, die inzwischen hinreichend bekannt sein dürften.

Aber die NRW SPD tut das aller Wahrscheinlichkeit nach nicht. Und nach meiner ersten Aufregung habe ich versucht, Gründe dafür zu finden. Möglicherweise hat @christiansoeder recht: Über den Vermittlungsausschuss hätte man das #LSR höchstens verzögern können und es ist fraglich, ob man es, wie von @henningtillmann und @alvar_f angepeilt, tatsächlich bis nach der Bundestagswahl hätte verschleppen können, um es danach dann endgültig zu beerdigen.

An dieser Stelle nun sehe ich folgende Abwägung geboten: Was erscheint glaubwürdiger, oder viel mehr, was erscheint weniger unglaubwürdig: a) dass ich nach dem Landtagswahlsieg in Niedersachsen versprochen habe, die Mehrheit im Bundesrat konstruktiv zu nutzen und dort keine  Blockadepolitik zu betreiben oder b) das Leistungsschutzrecht den Bundesrat passieren zu lassen, obwohl die SPD Bundestagsfraktion geschlossen dagegen gestimmt hat, obwohl @larsklingbeil in seiner Rede am 01.03. versprochen hat, das LSR im Bundesrat stoppen zu wollen und obwohl @peersteinbrueck sich öffentlich gegen das LSR ausgesprochen hatte?

Das ist keine leichte Entscheidung.

Letztlich würde ich aber, wenn ich denn mit abstimmen dürfte, dennoch den Vermittlungsausschuss anrufen, und zwar aus folgendem Grund: Das LSR ist ein Nischenthema, es hat in der Wahrnehmung vieler dort draußen keine oder eine marginale Relevanz – und genau deswegen wiegt an dieser Stelle meiner Meinung nach das erste Argument, dass man möglicherweise negativ auffallen könnte, weil man den Bundesrat eben doch entgegen der Aussagen nach der LTW Niedersachsen als Blockadegremium nutze, weniger schwer als der Vertrauensverlust bei denen, die nicht nur unmittelbar von den negativen Auswirkungen des LSR betroffen sein werden, sondern ihrem Unmut auch vergleichsweise wirkungsvoll Ausdruck verleihen werden (und das ja auch bereits tun).

Die „breite Masse“ dort draußen interessiert sich nicht dafür, ob ein Gesetz, das sie scheinbar nicht betrifft, nun blockiert wurde oder nicht – und deswegen wird die breite Masse von einer Blockade kaum Notiz nehmen. Die aber, die das Gesetz kennen und ablehnen, sind hoch politisiert und laut und sie werden uns das vorwerfen und sie werden das in einer Weise tun, die auch weitere Kreise erreichen wird.

Auch wenn der Vermittlungsausschuss das Gesetz letztlich dennoch vor der Bundestagswahl durchsetzen und auch wenn faktisch das LSR damit nicht verhindert werden sollte, so ist es meines Erachtens ein Gebot der Glaubwürdigkeit, diesen Nonsens zu bekämpfen. Und ich halte das, im Gegensatz zu dem Credo in @christiansoeders Beitrag, keinesfalls für verschwendete Energie, denn die SPD braucht gerade nichts mehr als Glaubwürdigkeit. Unsere Inhalte sind unstrittig gut, aber keiner nimmt sie uns ab wegen solcher Wenden, wie wir sie hier gerade demonstrieren.

Von Maxim Loick

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