Yakari, Großer Adler und die Geheimdienste

In „Yakari – Das Original Hörspiel zur TV Serie“ (Folge 1, Track 1 ab ca. Minute 5:44, ) wird der kleine Indianerjunge Yakari von Großer Adler vor einem Steinschlag gerettet. Nachdem der Adler Yakari über den Grand Canyon geflogen hat, führen die beiden folgenden Dialog:

Yakari: „Ich danke dir, danke, dass Du mich gerettet hast!“
Großer Adler: „Natürlich, Yakari.“
Yakari: „Aber… du sprichst ja! Und… kennst meinen Namen?“
Großer Adler: „Deinen Namen und noch vieles andere, Yakari. Zum Beispiel weiß ich, dass du dich dem kleinen Pferd gegenüber gerade sehr großmütig verhalten hast. Und das verdient Dank.“
Yakari: „Das hast Du eben gesehen?“
Großer Adler: „Ich bin stets an deiner Seite, Yakari. Ich bin dein Totem. Ich bin dein Beschützer. Und nun weiß ich auch, Du bist ein Freund der Tiere und verdienst Vertrauen. Schließ die Augen, Yakari.“
[…]
Großer Adler: „Dies ist meine allerschönste Feder. Sie ist ein Geschenk für Deine Tapferkeit und ein Zeichen unserer ewigen Verbundenheit. Erweise dich ihrer auch weiterhin als würdig!“

Mal davon abgesehen, dass ich persönlich diese ganze Serie nur so mittel finde und auch davon abgesehen, dass meine Söhne die Zeichentrickserie und die Hörspiele lieben, ist mir doch neulich, als wir diese Episode zum x-ten Mal im Auto hörten, aufgefallen, dass dieser Große Adler den jungen Herrn Yakari nicht nur voll überwacht, sondern sein Handeln vor allem auch moralisch bewertet. Der junge Herr Yakari ist darüber komischerweise hocherfreut, gibt ihm dieser Große Adler doch ein Gefühl der Sicherheit – und kann er doch sein Handeln als moralisch einwandfrei zertifizieren lassen. Nennt mich kleinlich, aber ich finde, dass dieser Herr Adler mal ein wenig kritischer hinterfragt gehört als das in den mir bekannten Folgen dieser Hörspielreihe getan wird. Ich finde, da spielt sich einer als höchste moralische Instanz auf, ohne dass dessen Legitimation irgendwo einmal dargelegt worden wäre.

Nein, ich will keine Diskussion über „Darf man das seinen Kindern überhaupt noch vorspielen!“ oder „Auf den Scheiterhaufen, verbrennt alle Yakari-Hörspiele!“ Ich möchte lieber über die anscheinend vorherrschende Haltung/Denke/youNameIt sprechen, nach der eine Figur wie Großer Adler maximal selbstverständlich in Mainstream-Medien auftauchen und als das Gute schlechthin gelten kann. Meine These ist: Die Figur Großer Adler ist ein weiteres Symptom für eine Denke, nach der die Preisgabe der Privatsphäre an Vereine wie NSA, GCHQ und BND als Bagatelle im Vergleich zu den vermeintlich immensen Vorteilen dieser nebulös legitimierten scheinbaren Moralhüter erscheint. Ein wesentlicher Bestandteil dieser Denke ist: Wir sind zu klein und zu dumm, um das Große Ganze beurteilen zu können, da sind wir doch froh, dass es da etwas gibt, das genau das kann und das es gut mit uns meint.

Von Maxim Loick

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4 Kommentare

  1. Größter Widerspruch. Allerallergrößter Widerspruch!
    Großer Adler ist als Totemtier sozusagen die moralische Richtschnur. Also das, was Eltern beim Aufwachsen normalerweise sind. Keine Diktatoren, wohlgemerkt. Richtschnur. Und ich rede nicht von „großziehen“, sondern von „aufWACHSEN“. Ohne Richtschnüre keine Überprüfungsmöglichkeit der eigenen Haltung. Finde ich gut, was Mama/Papa/Oma/Opa/Tante/Onkel/Bruder/Großer Adler sagen? Will ich das? Wie fühlt sich das an?

    Nur so kann man allmählich herausfinden, wer man ist, was einen ausmacht.

    Und HIER kommt der NSA-Komplex zum Tragen: weil nämlich alles alles überwacht wird, und ich offenbar noch nie nachts aus dem Bett geholt und im Schlafanzug verhaftet wurde – und auch sonst keiner außer denen von der Sauerlandgruppe – scheint ja alles tippitoppi zu sein, was ich mache. „Die“ sehen ja alles. Und finden offenbar super, was ich mache. Vergleichbar dem nichtangehaltenwerden, wenn die Polizei einen überholt. Auf der Autobahn.

    So rum wird ein Schuh draus.

    Hätten wir alle mehr Großer Adler in unserem Aufwachsen (gehabt), wären alle längst auf der Straße und würden gegen die Bande persönlichkeitsgestörter Paranoiker demonstrieren. Niemals würden wir uns das bieten lassen.
    (hatte ich schon gesagt, dass ich das ICD-10 gern als Unterrichtsfach hätte? Nein? Wir hätten ganz andere Chefs, und ganz andere Politiker.)

    1. Yakari hat aber doch Eltern.

      Und ich glaube nicht, dass eine wie auch immer beschaffene Institution oder moralische Instanz geben kann, die „unfehlbar“ ist. Ich glaube allerdings, dass die Sehnsucht nach so einer Instanz ziemlich groß ist, weil es die Dinge sehr vereinfacht. Es ist eben sehr viel schwieriger, eine eigene Moral aus den vielen Aspekten/Gesichtspunkten/Meinungen/Erfahrungen/youNameIt der Menschen um eine*n herum abzuleiten. Und diese Moral (ich nenne das jetzt mal einfach so, eigentlich geht es noch um mehr, glaube ich…), die ich mir ableiten muss, muss immer wieder neu hinterfragt werden und kann eigentlich nie final bestätigt werden, daher sehnen sich viele nach etwas, dem man blind vertrauen kann. Und ich finde es nicht so abwegig, dass viele in einem von einer demokratisch legitimierten Regierung eingesetzten Geheimdienst eher den großen Beschützer sehen als eine Bedrohung.

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