Die befreiende Kraft der Freundlichkeit

Heute morgen durfte ich in Bonn in der Buslinie 638 vom Robert-Schumann-Platz bis zur Haltestelle Otto-Kühne-Schule mit Dawood Mubashar Chatta fahren. Es war mir eine Ehre.

Als ich den Bus besteige, bin ich zunächst völlig verdattert, dass der Fahrer, sonst eine Person, die ich nur aus den Augenwinkeln wahrnehme, explizit mich mit einem freundlichen „Guten Morgen!“ begrüßt. Sowas im ÖPNV! Ich grüße freundlich zurück. Auf meinem Weg zum Sitz bleibt ein kleines Körnchen dieser Freundlichkeit in mir hängen. Ich setze mich. An der nächsten Haltestelle steigen zwei Frauen aus, der Fahrer sagt durch das Mikrofon: „Auf Wiedersehen!“ und es klingt ein wenig so, als würde er sich wirklich darauf freuen, die beiden eines Tages wieder zu treffen. Ich blicke erstaunt von meinem Smartphone auf. Am „Nicolaus-Cusanus-Gymnasium“ steigt eine Frau ein, der Fahrer begrüßt auch sie persönlich und fragt nach ihrem Befinden. Die beiden unterhalten sich wie zwei alte Freunde. Ich werde immer fröhlicher. In „Plittersdorf-Mitte“ steigt die Frau wieder aus, er ruft ihr noch hinterher, sie solle vorsichtig gehen, der Bürgersteig sei dort ziemlich schlecht. In mir steigt eine Wärme auf. Er fährt an und muss an der roten Ampel, die direkt hinter der Bushaltestelle steht, gleich wieder anhalten. Zwei ältere Frauen sehen unseren Bus, rennen an und stoppen wieder, als sie sehen, dass wir nicht mehr an der Haltestelle, sondern vor der Ampel stehen. Der Fahrer öffnet die Tür und winkt die beiden heran. Hocherfreut steigen sie ein. Die Ampel wird grün, aber der Fahrer wartet, bis die beiden Damen sitzen. Ich kann nicht glauben, was ich da gerade selbst erlebe. Ich twittere das alles so schnell ich kann. Immer noch warte ich darauf, dass gleich Kurt Felix mit falschem Bart von irgendwo auftaucht und mich in eine Samstagabenshow einlädt.

Als ich an der Otto-Kühne-Schule aussteige, werde auch ich persönlich verabschiedet und bin so fröhlich und voller Tatendrang, dass die Kolleg*innen auf der Arbeit genau so verdattert gucken wie ich, als ich die Linie 638 heute morgen bestieg.

Inzwischen hat die TL geantwortet, der Fahrer sei stadtbekannt und auch schon in der Presse gewesen. Ich googele und finde dieses schöne Video, das ist er:

Ich bin so begeistert, dass ich gleich mal in allgemeingültige mit Hymnen unterlegte Forderungen ausbrechen muss: Lasst uns alle Fahrer*innen im ÖPNV in die Lage versetzen, so fröhlich und gut gelaunt ihre Arbeit verrichten zu können! Studien*) belegen, dass sich die Produktivität der Stadt um 197% verbessern ließe, wenn wir alle so gut gelaunt auf der Arbeit ankämen wie ich heute morgen und das alles nur durch die entfesselte Kraft der Freundlichkeit!

*) also genau diese kleine Geschichte, die ich heute morgen erlebt habe

Randnotiz: Interessant ist, dass viele aus meiner TL anscheinend schon mal mit Dawood Mubashar Chatta gefahren sind. Leute, das müsst Ihr doch über dieses Internet verbreiten, sowas tolles!

Von Maxim Loick

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