Brief von Pausanias an Wasalski, 10. Juli 2011

Schwarzrheindorf, den 10. Juli 2011

Verehrter Freund!

Welche Freude, als ich Dich heute meinen Gast heißen durfte und welch umso größere Freude @frau_ratte und mich überkam, als ich sah, dass Du Deine treffliche Gefährtin @kokolores70 zu uns geführt hattest! Die Kinder haben die Nacht noch von Dir und Deinen vorzüglichen Ausführungen über die Segelbootskunst und die Gefahren des Führens von Automobilen gesprochen, sie waren darob ganz voller Tatendrang.

Allein, ich muss Dich auch mahnen, darfst Du Dich doch nicht dem Verdachte der Schmeichelei preisgeben, indem Du mein Blog so über die Maßen verklärest. Ich bekenne klar, dass es mein Versäumnis war, Dich nicht rechtzeitig darauf hingewiesen zu haben und mich stattdessen schändlich in Deinen höflichen Worten sonnte. Fürwahr, mir klang Dein Lob in den Ohren und ich vergaß vollends der Bescheidenheit die Treue zu halten.

Aber das – ich gestehe! – war nicht mein schlimmstes Säumnis, muss ich doch der Tatsache ins Auge blicken, dass ich die Gelegenheit ungenutzt verstreichen ließ, mich Deiner Scharfsinnigkeit zur Frage der Themenrelevanz in den Diskursen der neuen Medien zu bedienen. Oh, ich Thor! Entließ ich Dich, obwohl mir im Sinne hätte sein müssen, dass Dein Urteil andernorts derart gefragt ist, dass zu befürchten steht, Deiner und @kokolores70’s wohl kaum in naher Zukunft wieder angesichtig zu werden.

So stelle ich es Deiner Güte anheim, mir meine These auf schriftlichem Wege zu kommentieren. Die These lautet: Die Art des öffentlichen Diskurses einer Sache hängt von den Spezifika eines Themas ab. Dabei glaube ich folgende Arten öffentlichen Diskurses ausgemacht zu haben:

Erstens: Keine Reaktion oder wenig Reaktion. Eine Sache wird nur in geringem Maße wahrgenommen und kaum messbar diskutiert. Als Beispiel sei stellvertretend für viele andere der Zwischenfall von Tricastin genannt.

Zweitens: Das Strohfeuer. Eine Sache wird kurz und heftig thematisiert, danach flaut das Interesse jedoch schnell wieder ab. Zur Verdeutlichung sei einer der zahlreichen Shitstorms genannt, etwa die Aufregung nach der Abschaltung des nerdcore Blogs vor einiger Zeit.

Drittens: Das Großfeuer. Ein Thema tritt zu Tage, erfasst breite Teile der Gesellschaft und führt nach hitziger Diskussion zu gebotenen Handlungen. Derer Großfeuer sind in der jüngeren Vergangenheit zahlreiche, rufe man sich exemplarisch die Geschehnisse in Tunesien und Ägypten in Erinnerung.

Viertens: Der Schwelbrand. Ein Thema wird wieder und wieder aufgegriffen und so lange aus unterschiedlichsten Blickwinkeln geformt und betrachtet, bis eine schlussendliche Handlung daraus folgt. Ein Musterstück solchen Diskurses seien die unter den Schlagworten „Zensursula“ und „Internetsperren“ zusammengefassten Angelegenheiten.

So ich auch glaube, einem diesen Diskursformen innewohnenden Prinzip auf der Spur zu sein, vermag ich sein Wesen dennoch nicht abschließend zu fassen und bedarf Deiner scharfsinnigen Analyse.

Was sind die spezifischen Faktoren, dass ein Thema in einer der genannten Formen behandelt werde? Sicher hat die „Relevanz“ eine Schlüsselrolle inne, doch in welche Subfaktoren, ja gleichsam in welche Primfaktoren muss die „Relevanz“ eines Themas zerlegt werden? Ich vermute unter ihnen „Tragweite“, „Komplexität“ und das, was ich in Ermangelung eines treffenderen Wortes „Kontroversheit“ nenne, doch scheinen es nicht diese allein zu sein. So sehr ich mein Denken auch darauf richte, mir wollen die letztendlichen nicht einfallen!

Erscheint es mir auch unverzeihlich, Deine Meinung hierzu heute nicht gleich eingeholt zu haben, bitte ich jetzt umso mehr um Vergebung, Dich im Nachhinein mir derlei Firlefanzereien von Dingen größerer Tragweite abzuhalten. So überlasse ich es Deinem Interesse und Deiner Neigung, mir in meinen Fragen weiterzuhelfen und verbleibe in Erwartung der Reaktion, die Dir am angemessensten erscheine, wenn nicht unter wasalskiswelt.wordpress.com, so vielleicht hier auf meinen Seiten, und

in Bewunderung

Dein Pausanias

Wasalski: Erste Replique auf Brief von Pausanias vom 10. Juli 2011

 

Von Maxim Loick

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