Humano Menetekel singt für Amerika

Das Hinterhaus, die Küche dort im Anbau, das Küchenfenster, immer gekippt, mit einer Schicht Kochdampfschmier überzogen, aus diesem Hinterhaus brach er aus und suchte die Freiheit, durch dieses Fenster, das nun nicht mehr gekippt war, da war er abgehauen und stand nun in diesem Hinterhofgarten. Wie Gefängnismauern, Backstein, die Mauern des Hinterhofs, Backstein zusammengehalten von einem sandigen Mörtel, wahrscheinlich neunzehntes Jahrhundert, gelblicher Mörtel, den er mit dem viel zu langen Nagel seines kleinen Fingers herauspulen konnte und der dann wie Sand zu Boden rieselte.

Ich hau ab, dachte er und er haute ab. Backsteinmauer, da gab es Fugen, da konnte er seine Finger und seine Zehen hineindrücken und er rutschte ab und die Nägel bluteten und er war in Sekunden über die Mauer und dahinter lag eine lange grüne Wiese und er rannte über die Wiese und rannte und rannte und dann war da immer noch die Wiese und er rannte weiter, barfuß, über das Gras und er rannte nackt. Er fiel hin, weil er nicht mehr konnte und lag da, atmete schwer, und er fühlte seinen Puls und das nasse Gras an seinem Rücken, er musste weg. Er rannte weiter und die Wiese ging weiter und hörte nicht auf, dann Wasser. Er fiel ins Wasser, klares Wasser, langes Wasser. Er hielt an und atmete. Wasser hinter der Wiese.

Ich hau ab. Ich hau ab. Ich bin Humano Menetekel und ich hau ab. Er atmete bis die Sonne aufging. Und die Sonne ging auf und er saß am nackt am Meer und winkte Schiffe heran, aber kein Schiff kam. Er winkte und rief. Und er sagte den Leuten, dass er Schiffe heran winkte. Aber da waren gar keine Leute, zumindest keine Leute, die  ihn hörten.

Schließlich sagte er, ich hau ab, ich hau hier ab und fing an zu schwimmen. Und er schwamm und schwamm und schwamm und ging unter und kam wieder hoch und schwamm weiter und das Wasser war kalt, aber er schwamm und ging unter und kam wieder hoch und schwamm bis zum nächsten Schiff, aber da war gar kein Schiff, also schwamm er weiter und haute ab und ging unter und kam wieder hoch und schwamm weiter. Wasser, kaltes Wasser, er schwamm und erreichte ein Schiff, das ihn bewusstlos aufnahm und er lag in einer Koje und schlief, schlief aber nur kurz, dann wachte er auf und schlug die Fäuste gegen das Bullauge und schlug das Bullauge ein, mit seinen eigenen Fäusten schlug er das Bullauge ein und kletterte aus dem Schiff und rannte und sprang und war wieder im Wasser, kaltem Wasser und schwamm und schwamm und dann war er tot.

Und dann rannte er weiter und weiter, er rannte, er musste weg hier, weg von all dem und dachte, ich bin Humano Menetekel und ich hau hier ab und das salzige Wasser brannte an seinen Nägeln.

Von Maxim Loick

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