Browserfork statt Krieg!

Wir waren Christina, Simon, Thorsten, Tobias und ich in diesem HTML Kurs an der Uni Bonn. Der Dozent hieß Herr Pullmann. Herr Pullmann fand die Verwendung von Bildern im Internet genauso irrational wie den Konsum von Kaffee. Wir fanden das nicht. Ich habe damals sogar noch geraucht.

Auch ich habe Dinge getan, auf die ich nicht sehr stolz bin. @wasalski hatte uns unseren ersten Auftrag verschafft, der wurde sogar noch in Deutscher Mark bezahlt, wir studierten noch, es waren rund achtzehntausend Deutsche Mark, ein Betrag, von dem wir als Studenten dachten, dass er für ein Leben lang reichen würde. Für diese achtzehntausend Mark haben wir HTML in Tabellen gebaut. Mit Blind-Gifs, durchsichtig und voll dehnbar. Wir haben Browserweichen gebaut. Wir wurden von Netscape 4.73 zu Dingen getrieben, die sich Webentwickler heute gar nicht mehr vorstellen können. CSS steckte in den Kinderschuhen und ich vermute, dass es Kinderfüßen zu der Zeit nicht sehr gut hatten deswegen. Mein bester Freund und Kompagnon @botnautzki (der der Tobias aus o.g. Liste ist) hat später für unseren Lieblingskunden einen Formular Generator gebaut, der Ajax Technologien verwendete, die kaum erfunden waren. Dieser FormGen ist heute noch ein Problem für das nach-nach-nachgelagerte Projekt beim Lieblingskunden (aber nur, weil das Ding funktioniert und niemand weiß, wie man das nun billig auf den heutigen technischen Stand bringen soll).

Ich erzähle vom Krieg. Also nein, ich erzähle nicht vom Krieg. Wir sind die Generation, die nicht in den Krieg musste. Und unsere Eltern sind Überlebende des Krieges, sie waren nicht aktiv daran beteiligt, sie waren drei Jahre alt oder so. Ich erzähle von Netscape 4.73 und nicht von Erschießungen. Ich kann locker von meinem „Krieg“ erzählen und launig dabei sein. Wir sind die erste Generation, die das kann. Wir müssen unseren Eltern dankbar sein, dass wir so vom Krieg erzählen können. Wir können unseren Kindern alles erklären, wir haben nichts, dessen wir uns derart schämen müssen, dass wir es unseren Kindern nicht erzählen können (außer vielleicht das damals auf dem Oktoberfest, wo ich so besoffen war). Wir können unseren Kindern zuhören und wir können uns Zeit für unsere Kinder nehmen, wir können ihre Fragen beantworten, weil unsere Eltern uns davor bewahrt haben, dass wir über ganze Lebensabschnitte nicht sprechen können. Wir sind die Generation der sog. Helikoptereltern, wir sorgen uns und wir ziehen unseren Kindern die Schuhe an, obwohl sie es längst selbst können. Wir sind die Eltern, denen man nachsagt, dass sie sich zu viel kümmern, wir sind aber auch die Eltern, denen man keine Plakate mit dem Slogan „Mehr Zeit für Kinder“ mehr hinhängen muss. Wir bringen unsere Kinder mit dem Auto zur Schule*) und sind Teil des Problems. Wir sind die, die nicht verhärmt sein müssen, wir sind die, die den Versuch starten können, das Beste tun zu wollen, weil wir nicht traumatisiert sind. Das muss man sich mal vorstellen, die ersten, die nicht unter dem Einfluss von Traumata erzogen und ohne eigene Traumata aufgewachsen sind. Was für eine historische Chance.

Und heute habe ich mein WordPress einfach per Kopfdruck auf die Version 4.0 upgegradet. Es gab keine Probleme. Das Blog läuft. Es hat drei Minuten gedauert.

Der Große Sohn wollte heute nicht zum Fußballtraining, weil er mit dem Großen Kommunardenkind lieber Playmobil spielen wollte. Ich war sauer deswegen („Fuffzich Tacken für die Fußballschuhe! Die Mannschaftskameraden warten auf Dich!“), aber natürlich war ich im Unrecht. Nicht, weil ich wollte, dass er zum Training geht, sondern wegen der Art und Weise, wie ich ihn dazu zwingen wollte. Vielleicht sagt eine*r von Euch: „Ach, hätteste ruhig machen können! Das hat noch keinem geschadet!“ oder so’n ähnlicher Tenor. Aber ich mache das nicht so. Ich habe es falsch gemacht, als ich es so tun wollte. Wir machen weiter mit diesem Ding, nach dem Eltern und Kinder sich abmühen ohne Traumata. Wir sehen lächerlich aus dabei, ganz und gar unheroisch, aber mir ist es wichtig, niemanden tot zu schießen und niemanden dazu zu veranlassen, irgendwas in dieser Richtung zu tun.

Wir gucken BVB und hören Monstermagnet.

*) Ok, @frau_ratte und ich jetzt nicht, weil der Weg zum Auto weiter ist als der zur Schule, aber wäre das nicht so, würden wir den Großen Sohn wohl auch fahren.

Von Maxim Loick

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