Rosa Strumpfhosen

Vorgestern oder so hatten wir eine kleine Gesprächsrunde zum Thema Genderpopender bei den Kindern im Kindergarten. Was tun dagegen, dass es für Jungs nur Klamotten in Tarnfleck und für Mädchen nur in Lillifee zu kaufen gibt?

Wir waren etwas unvorbereitet in dieses Gespräch gegangen und wir haben viele Thesen und Aussagen und was weiß ich alles hin und her geworfen, aber am Ende und nach zweimal drüber schlafen ist bei mir dann doch etwas hängen geblieben, was mir richtig erscheint:

Ich fürchte mich davor, meine Kinder zu instrumentalisieren und meine Vorstellung von richtigem Genderverhalten über sie zu transportieren oder gesellschaftlich wirksam zu machen. Die Gefahr, dass a) meine heutige Vorstellung richtigen Genderverhaltens vielleicht gar nicht so richtig ist und b) meine Kinder mir später vorhalten, sie hätten sich immer gewünscht mit den Panzern spielen zu dürfen, aber ich hätte es ihnen immer verboten, ist mir zu groß. Ich möchte meine Kinder nicht dem aussetzen, sozial isoliert zu werden, nur weil ich dringend will, dass sie rosa Strumpfhosen als etwas ganz normales anzusehen zu haben.

Dennoch finde ich es ja ziemlich falsch, dass gerade Jungs in ihrer Freiheit sehr eingeschränkt sind, alles was rosa ist müssen sie quasi „iih“ finden, sie müssen Tanz und Ballett blöd finden, obwohl sie möglicherweise ein Talent dafür haben und vielleicht tolle Tänzer würden. Mädchenkram ist für Jungs ein absolutes No-Go, Mädchen mit Baggern und Autos sind hingegen völlig normal – Antje Schrupp hat mir in dieser Hinsicht einmal mehr den Horizont erweitert, ihren Beitrag zum Thema rosa Überraschungseier findet Ihr hier.

Aber dennoch kann man natürlich die Jungs jetzt nicht im Prinzessinnenkostüm in  den Kindergarten schicken. Fünfjährige können nicht leisten, das zu reparieren, was gesellschaftlich falsch läuft und man sollte sie, finde ich, diesem Druck auch nicht aussetzen. Ich möchte, dass meine Kinder immer das Gefühl haben, dass sie gut finden dürfen, was sie gut finden – dass ich sie gut finde, auch wenn sie etwas gut finden, was ich nicht gut finde.

Was also tun? Einfach nichts? Ich denke gerade über etwas nach, was ich mal die zwei Linien nennen möchte. Die erste Linie ist die, ab der ich den Söhnen melde, dass ich etwas blöd finde, es aber ihnen überlasse, ob sie damit weitermachen oder nicht. Innerhalb dieser Linie versuche ich, ihnen durch eigenes Verhalten vorzuleben, was man als Mann ausser den gesellschaftlich gebilligten Dingen noch so alles gut finden kann und hoffe auf den von Jesper Juul propagierten Effekt, dass Kinder hauptsächlich durch Nachahmung lernen.

Die zweite Linie ist dann unverhandelbar, aber die ist weniger durch Genderpopender definiert als vielmehr durch Verhalten, dass ich ganz unabhängig davon bei meinen Söhnen nicht sehen will: Es ist eine Sache, wenn die Kinder „erschießen“ spielen und dabei „peng peng“ rufend an einander vorbei laufen. Wenn dieses Spiel aber ekelig wird, unterbinde ich das – etwa wenn „erspielte“ Macht missbraucht wird, wenn auf Schwächeren im übertragenen und im Wortsinn herumgetrampelt wird. Und Tarnfleck kommt mir auch nicht ins Haus, das ist für mich militärische Nutzkleidung, die überhaupt nur aus Shicedreque-Gründen erfunden wurde.

Von Maxim Loick

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2 Kommentare

  1. Den Ansatz finde ich ja nicht schlecht, aber dass Tarnfleckkleidung nicht nur die erste, sondern sogar noch die zweite Linie überschreitet, überrascht mich dann doch.
    Kollidiert das nicht potentiell mit dem Prinzip, dass sie gut finden dürfe, was sie gut finden wollen?
    Ich meine, sind deine Kinder, und ich hab ja nicht mal welche, aber ich fände es prinzipiell nicht unproblematisch, meinen Vorschriften zu machen, wo es um Geschmack geht.
    Na gut. Ich hab sowieso ein Problem mit Vorschriften, vielleicht sehe ich da nur nicht klar genug.

    1. Strenggenommen sehe ich das inzwischen nicht mehr ganz so dogmatisch, der Text ist nämlich eigentlich schon viel älter, ich hab ihn aber jetzt dann doch noch rausgehauen, weil ich wegen der rosa Tasse mit den weißen Punkten wieder darauf gestoßen bin.

      Mal davon abgesehen, dass Tarnfleckkleidungsprinzipien bei uns derzeit ein reines Laborkonstrukt sind, sie haben nämlich noch nicht einmal im entferntesten danach gefragt.

      Ich bin mir inzwischen nicht mal mehr sicher, ob diese zwei Linien nicht sowieso Unsinn sind. Ich war bei der Veröffentlichung drauf und dran, den Absatz zu löschen, hab dann aber driss jet drop gesagt und ihn drin gelassen.

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